31. Mai 

Dies vor allem: Sei wahr zu deinem eignen Ich. (William Shakespeare) 

Die Angst vor einem der eigenen inneren Wahrheit verpflichteten Leben ist vielleicht der Wesenszug, der sich bei den meisten Menschen zeigt, die in der Kindheit sehr verletzt wurden. Schließlich haben wir die meiste Zeit unsere Lebens danach gestrebt, den anderen zu gefallen oder wenigstens sie zu beruhigen. Wir hofften, dadurch die Anerkennung zu erzielen, die wir ersehnten. Wie hätten wir wissen können, dass diese Art, es allen recht zu machen, uns der eigenen Gefühle und Ansichten berauben würde? Wir wussten nicht, dass wir unseren Sinn für Humor, unsere Prinzipien oder vielleicht sogar unsere ethischen Grundsätze verlieren würden. Die innere Wahrheit kam uns abhanden. 

Sich selbst finden heißt: diese Wahrheit finden. Wenn ein Witz lustig ist, lachen wir. Wenn nicht, dann nicht. Wenn die Behauptungen eines anderen unverschämt sind, können wir dagegen angehen oder es lassen. Wenn eine unpopuläre Entscheidung gefällt werden muss, steht es uns frei, sie zu treffen und uns dann mit den nächsten Dingen zu beschäftigen. Wir müssen nicht um jeden Preis gefallen! Wir lernen, unserer eigenen Wahrheit, so, wie wir sie leben, zu glauben – und nicht umgekehrt. Wenn wir zu dem stehen, was wir sind, werden wir wir selbst. Und wenn wir nicht genau wissen, wer wir sind, dann ist heute der beste aller Tage, es langsam herauszufinden. 

Heute will ich keine vorgetäuschten Reaktionen zeigen, sei es gegenüber Menschen, sei es gegenüber Dingen. Wenn ich nicht weiß, was ich genau empfinde, werde ich mich zurückhalten, bis ich es herausbekommen habe.