28. April 

Ich schaute so sehr in mich hinein, dass ich den Blick für alles andere verlor. (Kim J.) 

Es ist wichtig, worauf wir den Blick richten. In der Konzentration auf uns selbst begreifen wir allmählich unsere inneren Muster, Gesetzmäßigkeiten und Gewichtungen. An diesem Ziel orientieren sich die vorliegenden Meditationen, die Gruppentreffen, die wir besuchen, und die Anteilnahme, die wir einander zukommen lassen. Von den meisten unter uns verlangte der Prozess der Selbstfindung, dass wir den Blick in die Vergangenheit lenkten, um unsere Wurzeln zu entdecken. 

Wir werden aber vielleicht so vereinnahmt, so festgehalten von den Störungen dieser Vergangenheit, dass wir einzig und allein in der Rückschau verharren. Dann können wir den Rest des Lebens damit verbringen, das in uns verwundete Kind zu trösten. Oder wir verlieren aus den Augen, was gut und richtig ist, weil wir uns zu sehr auf das versteifen, was unschön und falsch war. 

Die Welt ist voller Wunder und Geheimnisse. Wir sind jeden Tag von vielen herrlichen Überraschungen umgeben: der Gestalt einer Wolke, dem Blick in Kinderaugen, dem Geruch frisch gebackenen Brotes, der Farbe des Sonnenuntergangs, anderen Menschen – vom erregten Treiben, von Lachen, vom Leben in seiner einfachen, reinen Form. Wir müssen wahrnehmen, was außerhalb, jenseits unserer selbst, an Lebendigem geschieht. 

Heute will ich aufblicken, hinunterblicken zu den Gesichtern anderer Menschen, die teilhaben an meiner Welt – und ich werde in diesen Gesichtern lesen.